Zwei Tage vor Weihnachten offenbarte Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) den StadträtInnen und der gespannten Mannheimer Öffentlichkeit den Entwurf für den städtischen Haushalt 2010/2011 und ein Haushaltstrukturprogramm 2013. Jetzt soll der Gemeinderat über dieses Mammutprogramm entscheiden.
Gerade einmal zwei Monate Zeit hatten die gewählten und ehrenamtlich tätigen StadträtInnen, sich mit dem hochkomplexen Programm auseinanderzusetzen, dies mit Ihren kommunalpolitischen Zielen abzugleichen, Anträge zu formulieren und Mehrheiten zu organisieren.
Mit dem Haushaltsstrukturprogramm sollen bis 2013 bis zu 22 Mio € gespart werden und die Genehmigungsfähigkeit des Haushalts gewährleistet werden. Zugleich soll es aber auch, wie der Name sagt, strukturelle Veränderungen bewirken im Rahmen der strategischen Ziele der Stadt Mannheim.
Geschlechtergerechtigkeit gehört nicht zu den explizit formulierten Zielen und Gender Budgeting, so der Oberbürgermeister auf Nachfrage in einer öffentlichen BürgerInnenversammlung, sei kein Thema vor der Krise und sei auch keines in der Krise.
Schade, gerade im Blick auf das Haushaltsstrukturprogramm wäre es wichtig und spannend, genauer hinzuschauen und zu klären, wer nimmt welche Maßnahmen in Anspruch, wem nützen welche Ausgaben, wer verursacht welche Kosten? Noch ist der Nutzen einer solchen Herangehensweise und die zusätzliche Qualität, die sie bringt, offenbar nicht erkannt.
Zugleich legen die Kürzungsvorschläge in diesem Strukturprogramm nahe, dass bisher offenbar für Mädchen und Frauen zu viel Geld ausgegeben wird: Einsparungen bei den Frauenhäusern sollen jährlich eine halbe Million bringen. Frauen von außerhalb, die ins Frauenhaus flüchten, sollen nach dem Auszug in Mannheim keine Wohnung bekommen, die Fachstelle für Mädcheninteressen soll gestrichen werden und die Frauenbeauftragte soll ihren Etat durch Drittmittel aufbessern.
Da wird wertvolle Netzwerkarbeit, die über die Fachstelle Mädcheninteressen organisiert wurde, aufgegeben, Netzwerkarbeit, die eine Zusammenarbeit der verschiedenen Einrichtungen –vom Frauenhaus über Theater bis zu Jugendhäusern –organisierte und damit auch eine fundierte konzeptionelle Weiterentwicklung geschlechterspezifischer und geschlechtergerechter Jugendarbeit ermöglichte.
Da wird die gesellschaftliche Problematik häusliche Gewalt darauf reduziert, dass Frauen, die sich ins Frauenhaus flüchten, gemeinsam mit ihren Kindern zu nicht erwünschten Empfängerinnen von Hilfeleistungen werden. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Prävention von Gewalt gegen Frauen hat da keinen Raum, die kommunale Verantwortung beschränkt sich auf die Kombination aus Kostenfaktor und Stadtgrenze. Sozial ausgewogene Urbanität, beschrieben als strategisches Ziel, innerhalb einer Metropolregion sieht anders aus.
Nicht zuletzt wird der Frauenbeauftragten nahe gelegt, dass sie ihren Etat doch mit Drittmitteln für Projekte aufbessern soll. Gegen Projekte ist nichts zu sagen und Drittmittel sind immer hilfreich, auch für die Stadt (wäre mal spannend auszurechnen, was die Freien Träger über Drittmittel an Geld von draußen in die Stadt holen), aber hierfür bedarf es auch personeller Kapazität, das Einwerben von Drittmitteln ist Arbeit. An anderen Stellen wird dafür Personal eingestellt, es wird Geld ausgegeben, um mehr Geld zu akquirieren.
Es wird dringend Zeit, dass in den Kommunen und auch in Mannheim die europäischen Programme und Vorgaben zur Geschlechtergerechtigkeit zur Kenntnis genommen und umgesetzt werden. Hier gibt es für die AsF noch viel zu tun!
Ein Kommentar von Dr. Claudia Schöning-Kalender (AsF-Vorsitzende Mannheim, Mitglied AsF Landesvorstand Baden-Württemberg)